Kapuzenspinnen
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Kapuzenspinnen | |
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Cryptocellus platnicki
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Systematik | |
Unterreich: | Vielzeller (Metazoa) |
Abteilung: | Gewebetiere (Eumetazoa) |
Unterabteilung: | Bilateria |
Stammgruppe: | Urmünder (Protostomia) |
Überstamm: | Häutungstiere (Ecdysozoa) |
Stamm: | Gliederfüßer (Arthropoda) |
Unterstamm: | Kieferklauenträger (Chelicerata) |
Klasse: | ![]() |
Ordnung: | Kapuzenspinnen |
Wissenschaftlicher Name | |
Ricinulei | |
Thorell, 1876 |
Kapuzenspinnen (Ricinulei) gehören innerhalb des Stammes der Gliederfüßer (Arthropoda) zur Klasse der Spinnentiere (Arachnida). Im Englischen wird diese Ordnung Hooded tickspiders genannt. Es sind mehr als 50 rezente Arten bekannt, die in einer Familie mit 3 Gattungen geführt werden. Die Art Cryptocellus platnicki wurde erst im November 2008 entdeckt.
Inhaltsverzeichnis |
Beschreibung
Aussehen und Maße
Die meisten Arten der Kapuzenspinnen erreichen artabhängig eine Körperlänge von 5 bis 10 mm. Die meisten Arten sind bräunlich bis schwarzbraun gefärbt. Nur wenige Arten weisen besondere Zeichnungsmuster oder eine andersfarbige Behaarung auf. Markantes Merkmal ist die namensgebende Kapuze. Es handelt sich dabei um eine schwach gewölbte Platte (Cucullus), die am Vorderkörperstirnband befestigt ist. Nach unten geklappt, bedeckt diese Platte die Mundwerkzeuge vollständig. Die Platte wird beim Fressen nach oben geklappt, so dass die scherenförmigen Cheliceren arbeiten können. Manschettenartige Gelenkhäute im Bereich der Chelicerenbasis lassen den Schluss zu, dass die Mundwerkzeuge bei hochgeklappter Kapuze weit vorgestreckt werden können. Unmittelbar hinter den Cheliceren liegt der geräumige Mundraum. Es zeigen sich in der Bauweise des Mundraumes Parallelen zu den Geißelskorpionen (Uropygi). Die Pedipalpen sind relativ klein und sind wie Taster gebaut. Am Ende der Pedipalpen befindet sich eine kleine Greifzange, die zum Ergreifen von Beutetieren dient. Beutetiere werden im Folgenden mit den Cheliceren zu einem Brei zerkaut. Interessanterweise bewegt sich die Kapuze während der Kaubewegungen auf und ab. Kapuzenspinnen weisen eine ausgesprochen dicke Cuticula auf, die sich auch in den Intersegmentalbereich des Hinterleibes fortsetzt. Der Rücken des Vorderkörpers wird durch einen einheitlichen Prodorsum gebildet, der keine Gliederung aufweist. Die Unterseite des Vorderkörpers ist völlig durch die in der Mitte aneinanderstoßenden Beinhüften eingenommen. Das Pro- und Opisthosoma sind gelenkig miteinander verbunden. Der Hinterleib ist meist sehr breit und besteht aus 10 Segmenten. Gut sichtbar sind jedoch nur 4 Segmente. Vor den vordersten sichtbaren Segment befinden sich 3 weitere Segmente, von denen das erste Segment weitestgehend reduziert ist. Die beiden folgenden Segmente liegen unter dem übergreifenden Dach des Vorderkörpers zwischen den hinteren Laufbeinhüften. Hinter dem letzten sichtbaren Segment lassen sich 3 weitere, stark verengte Segmente nachweisen. Diese 3 Segmente bilden teleskopartig ineinander geschoben ein winziges Schwänzchen. Am Ende dieses Schwänzchens befindet sich die Afteröffnung. Die Atmungsorgane der Kapuzenspinnen bestehen aus 2 Paar Siebtracheen. Die Stigmen, also die Eingänge liegen lateral in tiefen Furchen zwischen dem Vorderkörper und dem Hinterleib. Verästelte Dornen schützen die Stigmen. Jede der Atemöffnungen führt in einen Vorhof der Tracheen. Vom Vorhof führen zahlreiche, meist viele Hundert Tracheenkapillaren den aufgenommenen Sauerstoff zu den einzelnen Organen. Dieses lässt auf ein stark vereinfachtes Blutgefäßsystem schließen. Das Blutgefäßsystem besteht im Wesentlichen nur aus einem Herzrohr. Es reicht vom Kopf bis in den Hinterleib und endet hier in eine eher kurze Schwanzarterie.
Lebensweise
Kapuzenspinnen bewegen sich einzelgängerisch langsam durch ihren Lebensraum. Sie bewegen dabei ständig das zweite Beinpaar tastend vor sich her. Dies hat einen Grund, denn Kapuzenspinnen sind blind und orientieren sich ausschließlich über ihren Tastsinn. Fühlen sich die Tiere bedroht, so ziehen sie ihre Beine an den Körper und fallen regungslos in eine Art Starre.
Verbreitung
Kapuzenspinnen sind in den äquatorialen Regenwäldern von Südamerika und Afrika verbreitet. Sie besiedeln den feuchten Waldboden und sind meist unter Blättern und morschem Holz anzutreffen. Einige Arten sind reine Höhlenbewohner und zeichnen sich durch verlängerte Laufbeinpaare aus. Die Gattungen Cryptocellus und Pseudocellus sind in Amerika verbreitet, die Gattung Ricinoides in Afrika.
Ernährung
Die Kapuzenspinnen ernähren sich hauptsächlich von anderen kleinen Spinnentieren (Arachnida) und anderen kleinen Gliederfüßern (Arthropoda) wie Insekten (Insecta). Die Beutetiere werden, nachdem sie überwältigt sind, mit den Cheliceren zu einem Brei zerkaut. Die kapuzenartige Kopfplatte bewegt sich während der Kaubewegungen auf und ab. Nach unten geklappt, bedeckt diese Platte die Mundwerkzeuge vollständig. Die Platte wird beim Fressen nach oben geklappt.
Fortpflanzung
Die Lebensweise und die Entwicklung der Kapuzenspinnen ist nur wenig erforscht. Der Grund ist wahrscheinlich in der Seltenheit der Tiere zu suchen. Die Geschlechter lassen sich in der äußeren Anatomie leicht unterscheiden. Bei den Männchen ist das dritte Laufbeinpaar am Metatarsus, also an der Ferse, sowie den beiden folgenden Fußgliedern zu einem sekundären Kopulationsorgan umfunktioniert. Mit Hilfe dieses Kopulationsorgans wird die von der Geschlechtsöffnung angegebene Samenflüssigkeit in die Geschlechtsöffnung des Weibchens übertragen. Zur Kopulation steigt das Männchen auf den Rücken des Weibchens. Der Hinterleib des Weibchens ist dabei nach oben abgewinkelt, wodurch die Geschlechtsöffnung offenliegt. Das Männchen führt seine Gonopoden (umgewandelte Extremität, die der Begattung dient) von der Seite und von unten an die weiblichen Genitalregion heran. Einige Zeit nach der Begattung legt das Weibchen die etwa 2 mm großen gelatinösen Eier einzeln ab. Die Jungspinnen sind hell gefärbt. Die Larven durchlaufen 4 postembryonale Entwicklungsstadien. Im ersten Entwicklungsstadium weisen die Jungspinnen nur 3 Laufbeinpaare auf. In den 3 folgenden Nymphenstadien zeigt sich die volle Anzahl an Laufbeinen.
Systematik
Ordnung: Kapuzenspinnen (Ricinulei)
- Unterordnung: Neoricinulei - Selden, 1992
- Überfamilie: Ricinoidoidea - Ewing, 1929
- Familie: Ricinoididae - Ewing, 1929
- Gattung: Cryptocellus - Westwood, 1874
- Gattung: Pseudocellus - Platnick, 1980
- Gattung: Ricinoides - Ewing, 1929
- Familie: Ricinoididae - Ewing, 1929
- Überfamilie: Ricinoidoidea - Ewing, 1929
Verwandtschaftsverhältnisse
Nachstehend die Verwandtschaftsverhältnisse nach Giribet et al., 2002.
┌────────────Milben (Acari │ ┌──┤ ┌───────── Palpenläufer (Palpigradi) │ └──┤ │ └─────────
Asselspinnen (Pycnogonida) │ ─┤ ┌───────── † Trigonotarbida │ ┌──┤ │ │ └───────── Kapuzenspinnen (Ricinulei) │ │ └──│ ┌─────────
Webspinnen (Araneae) │ │ └──┤ ┌──────
Geißelspinnen (Amblypygi) │ │ └──┤ ┌─── Geißelskorpione (Uropygi) └──┤ └─── Zwerggeißelskorpione (Schizomida)
Anhang
Siehe auch
- Hauptartikel: die Klasse der
Spinnentiere (Arachnida)
Literatur und Quellen
- Hans-Eckhard Gruner, Hans-Joachim Hannemann und Gerhard Hartwich, Urania Tierreich, 7 Bde., Wirbellose Tiere, Urania, Freiburg, 1994 ISBN 3332005022
- Kathrin Fahrein, Giovanni Talarico, Anke Braband & Lars Podsiadlowski: The complete mitochondrial genome of Pseudocellus pearsei (Chelicerata: Ricinulei) and a comparison of mitochondrial gene rearrangements in Arachnida. BMC Genomics, 2007
- SHORT COMMUNICATION. A new species of Cryptocellus (Arachnida, Ricinulei) from northwestern Colombia. Ricardo Botero-Trujillo: Laboratorio de Entomologıa, Unidad de Ecologıa y Sistematica—UNESIS, Departamento de Biologıa, Pontificia Universidad Javeriana, Bogota, Colombia. E-mail: pachyurus@yahoo.com. Gustavo A. Perez: Calle 146 # 7F-91 Int. 1, Bogota, Colombia. Abstract. Cryptocellus platnicki sp. nov. is described on the basis of specimens of both sexes from two localities in northwestern Colombia. The new species, which is most similar to C. glenoides Cooke & Shadab 1973, brings to 64 the known species of living ricinuleids, and becomes the sixth known from Colombia. Ricinuleids, taxonomy, Cryptocellus platnicki sp. nov.
- Rainer F. Foelix, Biologie der Spinnen, Thieme, 1979 ISBN 313575801X
- Friedrich G. Barth, Sinne und Verhalten aus dem Leben einer Spinne, Springer, 2001 ISBN 354067716X